Betriebliche Führungsgrundsätze für die Praxis

Jede größere Organisation, ob Unternehmen, Behörde oder NGO, sollte über ein betriebliches Führungsmodell verfügen. Darunter sind grundsätzliche Festlegungen in Bezug auf Führung in einer konkreten Organisation zu verstehen, im Sinne einer Verfassung der Personalarbeit. Bei der Entwicklung und Implementierung betrieblicher Führungsmodelle geht es also um nichts andere als um die grundlegende Strukturierung der Personal- und Führungsarbeit im Unternehmen. Die Komplementäre Führungstheorie bietet eine theoretische Grundlage dafür.

Begriff

Betriebliche Führungsmodelle werden hier synonym gesetzt mit sog. Führungsgrundsätzen und Führungsleitlinien. Es handelt es sich um grundsätzliche Festlegungen in Bezug auf Führung in einer konkreten Organisation, im o.g. Sinne einer Verfassung der Führungs- und Personalarbeit. Zwar lassen sich unter Führungsgrundsätzen/-leitlinien auch thesenartige Leitsätze verstehen, die Führung in eher allgemeiner Form beschreiben. Auch diese sind aber nichts anderes als betriebliche Führungsmodelle, nur eben oberflächliche.

Ganzheitliche Herangehensweise

Um Führung in Unternehmen systematisch zu organisieren, sind durchdachte und theoretisch ausgereifte Lösungsansätze nötig, die den komplexen Zusammenhängen menschlichen Verhaltens Rechnung tragen. Die Kunst besteht darin, Arbeit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu organisieren, ohne dabei die besonderen Potenziale, Eigenschaften und berechtigten Interessen der Mitarbeiter aus den Augen zu verlieren. Dabei sind Mitarbeiterführung und Personalmanagement ein und dasselbe, denn wirksames Personalmanagement lässt sich nicht primär durch die Personalabteilung, sondern nur dezentral über Führungskräfte bewerkstelligen.

Welchen Regeln folgt die Personalführung?

Führungmodelle lassen sich aus unterschiedlichsten theoretischen Perspektiven heraus konzipieren, die in Bezug auf wirksame Verbesserung der Führungsqualität freilich nicht alle gleich hilfreich sind. Das Theoriemodell der »Komplementären Führung« beschreibt Mitarbeiterführung von den Aufgaben her, im Sinne eines normativ zu verstehenden Bündels von komplementären Einzelaufgaben. Zugleich benennt sie die wesentlichen Akteure der Führung – den Mitarbeiter, die Führungskraft, deren Führungskraft sowie die Personalfunktion – und beschreibt ihr komplementäres Zusammenwirken bei der Erfüllung der einzelnen Führungsaufgaben. Demnach sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich primär selbst führen, bei Bedarf jedoch durch kompensierendes Eingreifen der Führungskräfte unterstützt werden. Die anderen beiden Parteien greifen ihrerseits nur ein, wenn die Führungskraft trotz Bedarf nicht aktiv wird. Auf diese Weise entsteht ein in der Praxis hoch bewährtes System von „Checks and Balances“, dessen strategisches Kernelement das Herbeiführen größtmöglicher und dennoch kontrollierter Selbststeuerung ist. Hinzu kommen weitere wichtige Elemente wie die Führungsaktivitäten und die Führungsinstrumente. Gute Führung ist immer auch strategische Führung, und betriebliche Führungsmodelle sind die Grundlage dafür.

Entwicklung und Implementierung von Führungsgrundsätzen

In Organisationen oder Organisationseinheiten ein neues Führungsmodell einzuführen, ist nichts anders als ein Projekt. Der Entwicklungs- und Einführungsprozess folgt im Wesentlichen dem üblichen Vorgehen bei sonstigen betrieblichen Konzepten. Nach Kontextanalyse und Zielfindung sind geeignete Inhalte zu erarbeiten und organisationsweit zu implementieren. Die Komplementäre Führungstheorie bietet einen Rahmen für die Strukturierung, muss allerdings den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden. Bewährt hat sich ein Projektdesign mit fünf Projektphasen: 1. Erstellung eines Modellentwurfs, 2. Festlegung des eigentlichen Führungsmodells, 3. Anpassung der Führungs-Infrastruktur (d. h. der führungsbezogenen Detailregelungen), 4. Kommunikation und Schulung des Modells sowie 5. Umsetzung im Führungsalltag und laufende Evaluation. In manchen Organisationen übernehmen interne HR- oder Projektexperten die gesamte Projektplanung/-abwicklung, in anderen werden die entsprechenden Arbeitspakete zumindest teilweise externen Beratern übertragen.

5 Projektphasen